Customer Journey – Die Reise des Kunden bis in die Praxis

Lesedauer: 5:30 Minuten

Customer Journey: Wie findet mich mein Patient? (Foto: © Loren Kerns)

Hast du dir schon einmal Gedanken gemacht, wie deine Patienten zu dir gekommen sind? Warum sie zu deinen Kunden wurden und nicht zu Kunden eines anderen Therapeuten drei Straßen weiter? In diesem Artikel möchten wir dir zeigen, wie du Patienten dort kontaktieren kannst, wo sie nach Hilfe suchen und sie so zu deinen Kunden machst: Die sogenannte „Customer Journey“ – die Reise des Kunden.

Die Idee ist simpel. Man schlüpft in die Schuhe des Patienten und begibt sich auf die Reise zu einem Arzt oder Therapeuten. Auf dem Weg widerfahren ihm viele Ereignisse, welche schlussendlich seine Entscheidung auf den “richtigen” Experten lenken. Es wird also versucht herauszufinden, an welchen Stellen man die Aufmerksamkeit des Patienten auf sich selbst lenken kann. Wenn alles gut läuft, darf man am Ende des Weges einen neuen Patienten in der Praxis begrüßen. Das ist zumindest die Theorie.

Inhalt


Wie denkt/agiert mein Kunde?

Die Stellen an denen du anknüpfen kannst werden im Fachjargon „Touchpoints“ genannt. Deine Aufgabe ist es, diese Touchpoints zu identifizieren. Aber nicht nur das! Bei jedem der Punkte ist es wichtig zu entscheiden, wie du mit dem Patienten in Kontakt trittst. Du willst ihn ja nicht verschrecken, sondern ihm einen „Wegweiser“ in deine Richtung aufstellen.

Um die Touchpoints richtig zu identifizieren, muss der Verlauf eines Einkaufsprozesses – unterm Strich ist die Wahl des Therapeuten aus Sicht des Patienten nämlich nichts anders – verstanden werden. Wir können keine Wegweiser aufstellen, wenn wir nicht wissen, auf welchen Pfaden sich unser Patient bewegt, nicht wahr? Die folgende, Grafik veranschaulicht die einzelnen Schritte der Entscheidungsfindung eines potentiellen Kunden:

Konsumenten-Entscheidungsablauf nach Jobber und Ellis-Chadwick 2013

Konsumenten-Entscheidungsablauf nach Jobber und Ellis-Chadwick 2013

Eine trockene Erklärung der einzelnen Punkten wäre an dieser Stelle langweilig. Wir kombinieren die Theorie gleich mit einem hypothetischen Kunden. Nehmen wir doch als Beispiel unseren Mario. Bevor wir in seine Haut schlüpfen, überlegen wir uns einen Steckbrief. Wer ist dieser Kunde? Was sind seine Interessen? Wie tickt er?

Eine Persona hilft dabei, sich in potenzielle Kunden hineinzuversetzen (Entworfen mit xtensio.com)

Eine Persona hilft dabei, sich in potenzielle Kunden hineinzuversetzen (Entworfen mit xtensio.com)

Wie entscheidet mein Kunde?

Diese Art der Beschreibung eines Kunden nennt man „Persona“… Dabei wird eine fiktive (in unserem Fall reale) Person erstellt, die in Frage kommen würde, ein bestimmtes Produkt oder Service zu nutzen. Marketing-Profis nutzen diese Technik beispielsweise, um einen anderen Blickwinkel auf ein Problem zu bekommen. Es wird versucht, sich in die Zielgruppe hinein zu versetzen – und genau das wollen wir hier auch versuchen.

1. Bedürfniserkennung

Es beginnt mit der Bedürfniserkennung. In unserem Fall tritt diese ein, wenn Mario sich unwohl fühlt oder Beschwerden hat. Der Patient hat somit das Bedürfnis einen Experten aufzusuchen.

2. Informationssuche

Danach kommt die Informationssuche. Wenn der Kunde weiß, dass er ein Problem hat, wird nach einer Lösung gesucht. Dies passiert auf zwei Arten:

  • Variante 1: Das Problem wird intern gelöst. Mario vertraut auf sein vorhandenes Wissen oder auf bereits gemachte Erfahrungen. Einfach gesagt: Mario erinnert sich an das letzte Mal, als er Schmerzen hatte und Frau Walk diese erfolgreich behandeln konnte.
  • Variante 2: Man hat kein (oder nur limitiertes) Vorwissen, das ausreichen würde, um das Problem zu lösen. Die Suche wird nach außen verlagert und das Problem extern gelöst.

In unserem Beispiel hat Mario noch nie Schmerzen gehabt und begibt sich ins Internet um Nachforschungen anzustellen. Während seiner Suche fragt er auch Patrik, bei welchem Therapeut er zuletzt war. Er versucht also an persönliche Empfehlungen zu kommen.

3. Alternativenvergleich

Sind genügend Informationen gesammelt, folgt der Alternativenvergleich. Hier werden alle Ergebnisse gegeneinander abgewogen, um eine Entscheidung zu treffen. Dieser Schritt kann jedoch übersprungen werden, wenn während der Informationssuche bereits entsprechend schlagfertige Argumente vorhanden sind, die zur sofortigen Entscheidung führen. Beispielsweise weil die persönliche Empfehlung von Patrik so viel Gewicht hat, dass Mario gar nicht weiter nach Alternativen suchen möchte.

4. Erwerb

Ist die Entscheidung getroffen, kommt es zum Erwerb. Hier zählt nicht nur die Behandlung selbst, sondern auch alles, was mit dieser in Verbindung gebracht wird: Wie lange Mario beispielsweise auf einen Termin warten musste, wie viel Zeit im Wartezimmer verbracht wurde und auch wie aufwendig der Prozess für die Rechnungsausstellung war.

5. Nachevaluierung

Am Ende der Customer Journey kommt die Nachevaluierung: Mario beurteilt seine gesammelten Eindrücke während der Behandlung beim ausgewählten Therapeuten. Decken sich seine Erfahrungen auch mit dem, was zum Beispiel auf der Website des Therapeuten versprochen wurde oder wurden seine Erwartungen enttäuscht?

Wie steche ich hervor? (Touchpoints)

Wir wissen nun, was in Marios Kopf passiert, wenn er einen Gesundheitsdienstleister aufsucht. In anderen Worten: Wir kennen den Weg, den er einschlagen wird. Mit diesem Wissen ausgestattet, ist es an der Zeit, Wegweiser für ihn aufzustellen. Die folgende Grafik zeigt die unterschiedlichen Touchpoints der oben beschriebenen Phasen:

Konsumenten-Entscheidungsablauf mit Touchpoints (erstellt mit canva.com)

Konsumenten-Entscheidungsablauf mit Touchpoints (erstellt mit canva.com)

Du siehst, dass Touchpoints in physikalische und digitale Elemente aufgespalten sind. Abhängig von Lebensstil und Charaktereigenschaften, reagieren Menschen verschieden stark auf unterschiedliche Touchpoints.

Setzen wir das Beispiel mit Mario fort: Er verbringt kaum Zeit vor dem Fernseher und wenn er doch einmal einen Film anschaut, vertraut er dabei auf Netflix (einer Online-Videothek). Aus diesem Verhalten schließen wir, dass ihn klassische Fernsehwerbung überhaupt nicht erreichen würde.

Gehen wir weiter. Mario verbringt berufsbedingt viel Zeit im Auto. Wir könnten also annehmen, dass er deswegen viel Radio hört. Stimmt leider auch nicht. Die Musik, die er hört, kommt von seinem Smartphone und wird direkt an die  Lautsprecher im Auto übertragen. Werbeschaltungen im Radio verfehlen ihn also komplett.

Mehr als 70% der Patienten nutzen das Internet für die Arztsuche und -recherche

Mehr als 70% der Patienten nutzen das Internet für die Arztsuche und -recherche

Mario ist sehr technik- und internetaffin. Wenn er also nach einem Arzt sucht, wird er das mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit im Internet tun. Dabei ist er auch bei Weitem nicht der Einzige. Eine Studie von jameda.de besagt, dass über 70% der Befragten das Internet für die Recherche nach einem Arzt nutzen. Die erste Anlaufstelle dabei ist Google, gefolgt von Online-Ärzteverzeichnissen (wie zum Beispiel docfinder.at) an zweiter Stelle. Erst an dritter Stelle, mit nur 30% Anteil, finden sich gedruckte Branchenverzeichnisse (Gelbe Seiten) wieder.

Unserer Persona ist also wichtig, wie vertrauenserweckend der Online-Auftritt des Arztes ist. Die Website vermittelt bereits einen ersten, wichtigen Eindruck. Für Mario zählen aber nicht nur die fachlichen Kompetenzen des Arztes, sondern auch zusätzliche, besondere Serviceleistungen. Er hat einen vollen Terminkalender und Terminvereinbarungen am Telefon empfindet er als eine Qual. Termine online zu vereinbaren ist ihm das Liebste. So kann er einfach seinen Kalender mit dem des Arztes abgleichen und unkompliziert einen geeigneten Termin auswählen.

Was ist nun meine Aufgabe als moderner Gesundheitsdienstleister?

Es wäre natürlich möglich, auf alle Touchpoints genauer einzugehen. Das würde den Rahmen dieses Artikels aber sprengen. Wir möchten dir hier eine grundlegende Idee vermitteln und dich dazu ermutigen, eigene Überlegungen anzustellen:

  • Welche Kunden möchtest du erreichen?
  • Wie denken diese Kunden und mit welchen Touchpoints kann ich sie am besten erreichen?

 

Im Laufe der nächsten Wochen werden wir im ein oder anderen Beitrag sicher noch genauer einzelne Touchpoints eingehen. Es lohnt sich also, weiter dran zu bleiben!

Hast du Fragen zum Konzept der Customer Journey? Brauchst du Hilfe mit der Erstellung deiner eigenen Persona oder sollen wir auf einen bestimmten Touchpoint näher eingehen? Dann schicke Paul einfach eine E-Mail an paul@appointmed.com oder hinterlasse dein Feedback direkt hier in den Kommentaren.

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